Die Liebe zur Elektrotechnik beginnt in der Schule

01.12.2016

Schüler bauen einen umweltfreundlichen Elektroroller in der Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule Laichingen. In knapp drei Monaten wollen sie auf so einem Gefährt durch die Stadt flitzen.

Nicht schlecht staunen die neun Schüler der Gemeinschaftsschule Laichingen über das Sammelsurium an Karosserieteilen, einen Stahlrahmen, Kabelstrang, Bremszug, Motor und insbesondere zwei recht große Akkus, die im Raum verteilt sind. Es ist ein auseinandergebauter Elektroroller. Was ist hinten, was vorne, wie hängen die Bauteile zusammen? Fragen, auf die die Schüler in 20 Stunden im Rahmen des Projekts „Elektromobilität“ Antworten erhalten werden.

Auf den Roller, fertig, los! Ganz so einfach wird es den Jungs nicht gemacht. Aber sie können in knapp drei Monaten auf einem eigenhändig zusammengebauten Elektroroller flitzen. Und zwar auf einem, der bis Sonntagabend noch unterwegs war. Die Passion von Thomas Vogt, der am Schultechnikum Biberach tätig ist, ist die Elektromobilität. Und er will junge Menschen für dieses Thema begeistern. An der Erich-Kästner-Schule (EKS) werden die Schüler nun einen umweltfreundlichen, komplett zerlegten Roller, neu zusammensetzen – angeleitet von Vogt, der eng mit den Fachlehrern Sven Keyser und Erich Berger zusammenarbeitet. „Der Elektroroller ist im hier und jetzt zu hundert Prozent angekommen“, ist Vogts Überzeugung.

Denn anders als bei den Elektroautos sei das Rollerpendant mit seiner aktuellen Reichweite von hundert Kilometern in seinem Einsatzbereich eine realistische Mobilitätsform. Keyser und Berger teilen seine Meinung. Keyser war ein Projektaufruf der Initiative Schultechnikum des HOG Bildungsinstituts ins Lehrerfach geflattert. Er und sein Kollege Erich Berger griffen sofort zu.

Inzwischen breitet Vogt die ersten Montageteile vor den Schülern auf dem Tisch aus. „Wenn jemand im Laufe des Projekts etwas wissen will, dann machen wir kurz die Sendung mit der Maus“, verspricht Vogt. Denn er wolle viel Theorie während des Bauens erläutern. Gepackt von seiner Begeisterung begutachten die Jungs die vor ihnen ausgebreiteten Schätze neugierig. Das erste Feuer für die Mobilitätstechnik haben jedoch ihre Fachlehrer bei ihnen gelegt.

Mit ihnen hatten sie schon Zweitakter demontiert, haben ein altes Moped restauriert, einen Tretroller mit Akkuantrieb und ein Kettcar mit einem Verbrennungsmotor gepowert. Der elektrisch angetriebene Roller komplettiere dies, sagt Keyser. Und dass wieder an einem originalen Objekt gearbeitet wird, das mache das Ganze so realistisch. „Realer geht es nicht“, bestätigte Vogt. Daher dürften ebenso wenig die gesellschaftlichen und politischen Problematiken in diesem Projekt fehlen, führt er aus. Und deshalb würde im Laufe des Projekts über Nachhaltigkeit, regenerative Energien, Klimawandel, politische und gesellschaftliche Problematiken geredet. Dieser Kontext, so sein Wunsch, solle ebenso in den fächerübergreifenden Unterricht einfließen. Freilich, Praxis ohne Theorie geht nicht, erst recht nicht im realen Leben, betont Fachlehrer Berger: „Irgendwann geht es eben auch ans Rechnen. Über die Physik kämen die Schüler ins Theoretische und damit ins Schulische.

Auf dem Tisch läuft derweil die Videokamera eines Smartphones: die Schüler dokumentieren ihre Arbeit. Die Videos stellen sie auf die extra eingerichtete Facebookseite ins Netz, sie wollen ihre Fortschritte mit allen anderen Interessierten teilen. Eine Art Nebenprojekt, das sie ohne Lehrer initiiert und umgesetzt haben. Dann geht es ins Praktische. Zuvor bittet Vogt: „Geht mit Gefühl und Sorgfalt an die Sache ran, Sicherheit ist oberstes Gebot, denn auf diesen Roller setzt sich mal jemand und fährt damit.“ Außerdem wolle er seinen Roller ohne Kratzer oder Beulen wieder zurück haben, fügte er augenzwinkernd hinzu. Schulleiterin Anne Dorothee Schmid freut sich über das Engagement ihrer Lehrer: „Das ist alles andere als trockener Theorieunterricht“, sagt sie. Und Keyser merkt an: „Das ist es bei uns nie.“